Über die Herausforderungen der Line Up-Zusammenstellung im Festivalgeschäft - exklusives Interview mit dem Geschäftsführer Florian Gebauer.

Am Donnerstag, 13. Februar 2025, veröffentlichte das Open Beatz Festival das vollständige Line-Up für die Edition 2025. Doch wie läuft der Booking-Prozess eigentlich ab?

Wir haben bei dem Geschäftsführer Florian Gebauer genauer nachgefragt.



I. Prozess der Line Up-Zusammenstellung
Wie früh beginnst Du mit der Planung des Line Ups für das Festival?
„In den vergangenen Jahren haben wir uns nach dem Festival zunächst eine Pause gegönnt und bis Ende September 2024 mit der Nachbereitung gewartet. Erst danach starteten wir mit der Planung des Line-Ups für das kommende Jahr. Allerdings haben wir festgestellt, dass sich der Markt verändert hat – mittlerweile beginnt die Konkurrenz immer früher mit der Künstlerakquise. Um nicht ins Hintertreffen zu geraten, mussten wir uns diesem Trend anpassen und unser Timing entsprechend optimieren.“




Welche Faktoren spielen eine Rolle bei der Auswahl der Künstler?
„Bei der Zusammenstellung des Line-Ups analysieren wir zunächst, welche Acts in der Vergangenheit gut funktioniert haben. Diese buchen wir gerne erneut, da wir wissen, dass sie beim Publikum ankommen. Darüber hinaus beobachten wir aktuelle Trends auf Plattformen wie Spotify und sozialen Netzwerken, um aufstrebende Künstler zu identifizieren. Die Auswahl ist anfangs sehr breit, wird jedoch im weiteren Verlauf stark durch konkurrierende Events und die Verfügbarkeit der Künstler eingeschränkt.“

Wie wichtig ist die Balance zwischen internationalen Headlinern und nationalen beziehungsweise regionalen Künstlern?
„Wir legen großen Wert darauf, auch regionalen Künstlern Slots zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine Plattform zu bieten. Die nationale oder internationale Bekanntheit eines Künstlers spielt für uns eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger ist, dass er von unserer Zielgruppe geschätzt und nachgefragt wird. In der Vergangenheit war es so, dass die Buchung eines international bekannten Künstlers automatisch zu einem erfolgreichen Ticketverkauf geführt hat. Doch mit der Vielzahl an Festivals in Deutschland hat sich dieses Prinzip geändert. Heute kann selbst der teuerste Act das Publikum nicht automatisch begeistern – es braucht viel mehr Recherche und Marktkenntnis, um das optimale Line Up zusammenzustellen.“



Wie steht Ihr zum Thema Diversität im Bookingprozess?
„Wir bemühen uns um eine diverse Booking-Strategie. Allerdings ist das eine Herausforderung, da DJanes nach wie vor eine Minderheit in der Szene darstellen. Wir möchten sie gezielt fördern, gleichzeitig aber das Talent als wichtigste Voraussetzung für unsere Auswahl beibehalten. Das macht die Recherche aufwendiger, da es nach wie vor verhältnismäßig wenige Frauen gibt, die sich zutrauen zu produzieren und aufzulegen. Dennoch ist es uns ein Anliegen, die Vielfalt in der elektronischen Musikszene weiter voranzutreiben und einen fairen Mix im Line-Up zu schaffen.“

Gibt es bestimmte Kriterien oder Vorgaben, die Du bei der Zusammenstellung des Line-Ups beachten musst?
„Definitiv. Vor allem die Verteilung der Spielzeiten ist ein sensibles Thema. Jeder Künstler möchte möglichst spät auftreten. Besonders die Closing Slots sind begehrt. Zudem gibt es Künstler, die nicht direkt hintereinander spielen wollen oder ungern mit bestimmten anderen Acts im Line-Up stehen. Grundsätzlich versuchen wir, den Timetable musikalisch sinnvoll zu gestalten – beispielsweise indem die BPM (Beats per Minute) im Laufe des Abends kontinuierlich steigen.“



Inwieweit spielen die Wünsche des Publikums eine Rolle?
„Die Meinung unserer Besucher ist für uns ein essenzieller Faktor bei der Künstlerauswahl. Direkt nach dem Festival führen wir Umfragen durch, in denen unsere Gäste ihre Wunsch-Acts nennen können. Diese Rückmeldungen haben großen Einfluss darauf, wen wir für das nächste Jahr buchen wollen.



II. Herausforderungen & Trends
Was sind die größten Herausforderungen bei der Buchung von Künstlern für ein Festival dieser Größenordnung?

„Die zwei größten Herausforderungen sind Exklusivrechte und überhöhte Gagenforderungen. Häufig können wir Künstler nicht buchen, weil andere Veranstaltungen strenge Exklusivitätsklauseln durchsetzen. Natürlich ist es verständlich, dass ein Veranstalter, der 80.000 Euro für einen Act bezahlt, verhindern möchte, dass dieser zwei Wochen vor dem Event in einem Club für 20 Euro Eintritt auftritt. Doch wenn Sperrradien von 250 Kilometer über mehrere Monate verhängt werden, sehen wir das als gezielte Wettbewerbsverzerrung. Die Festivalbranche ist längst nicht mehr so stark wie früher, sodass hier oft mit harten Bandagen gekämpft wird. Dass so viel Missgunst und Existenzangst herrscht, hätten wir vor einigen Jahren nicht erwartet. Ein weiteres großes Problem sind die intransparente Preisgestaltung und unrealistische Gagenforderungen. Als Veranstalter müssen wir quasi blind ein Angebot abgeben. Liegen wir zu niedrig, erhalten wir oft nicht einmal eine Antwort. In vielen Fällen steht die Gage in keinem Verhältnis zum realen Ticketverkauf, den ein Künstler generiert. Leider gibt es keine klaren Richtlinien für faire Honorare, sodass die Preisfindung immer eine Herausforderung bleibt. „



Wie sehr beeinflussen Budgets und Gagenforderungen die endgültige Auswahl des Line-Ups?
„Das Budget spielt eine entscheidende Rolle. Für jeden Slot legen wir eine maximale Summe fest, die wir bereit sind zu zahlen. Falls unser Wunschact diesen Betrag nicht akzeptiert, müssen wir auf Alternativen ausweichen.“

Welche Rolle spielen Agenturen und Manager bei den Verhandlungen?
„Jede Partei verfolgt natürlich ihre eigenen Interessen. Dennoch sind Agenturen oft hilfreich, wenn es darum geht, Alternativen zu finden, falls ein Act außerhalb unseres Budgets liegt.“



Gibt es bestimmte Künstler, die Du gerne buchen würden, es aber aus verschiedenen Gründen nicht klappt?
„Ja, jedes Jahr gibt es einige Wunschacts, die wir nicht realisieren können – sei es aus finanziellen oder terminlichen Gründen.“

Welche aktuellen Trends beobachtest Du im Festival-Line-Up-Business?
„Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass sich viele Festivals gegenseitig kopieren und sehr ähnliche Line Ups buchen. Ich bin gespannt, wie lange das noch so weitergeht. Ich glaube, dass diejenigen, die mutig neue Wege gehen, langfristig erfolgreich sein werden. Natürlich gibt es oft Gegenwind von Fans, wenn sich etwas verändert, aber am lautesten sind meist nur wenige.



III. Exklusivität & Konkurrenz
Wie schwierig ist es, exklusive Künstler für das Open Beatz Festival zu gewinnen?
„Das gelingt entweder über enge persönliche Kontakte oder indem man das nötige Budget auf den Tisch legt.“

Gibt es Konkurrenz zwischen Festivals um bestimmte Acts?
„Ja, definitiv. Wir versuchen zwar, mit anderen Veranstaltern zu kommunizieren und Kompromisse zu finden, aber das gelingt leider nur selten. Stattdessen sprechen wir offen mit Managern und Agenturen und hoffen, dass wir uns mit anderen Festivals abwechseln können, wer welchen Act in welchem Jahr bucht.“



Hast Du schon einmal einen Künstler verloren, weil ein anderes Festival bessere Konditionen geboten hat?
„Mit Sicherheit. Man kann nicht immer mit jeder Preisforderung mitgehen, da dies den gesamten Markt kaputtmachen würde.“



IV. Krisenmanagement & Unvorhersehbare Faktoren
Wie gehst Du mit kurzfristigen Absagen oder Planänderungen um?
„Glücklicherweise haben wir genug Acts vor Ort, um in Notfällen flexibel zu reagieren. Letztes Jahr hat beispielsweise ein Künstler seinen Flug verpasst. In solchen Fällen versuchen wir, schnell Ersatz zu finden – auch wenn es natürlich schade für die Fans ist, die sich auf genau diesen Act gefreut haben.“



V. Persönliche Perspektive & Zukunft
Was war Dein bisher größter Erfolg oder Dein persönliches Highlight beim Booking für Open Beatz?

„Ein unvergesslicher Moment war das Boilerroom-Set von Avaion im „Magical Forest“ im letzten Jahr. Die Atmosphäre war magisch und hat sowohl unser Team als auch die Besucher begeistert.“

Welche Tipps würdest Du jemandem geben, der in die Festival- oder Bookingbranche einsteigen möchte?
„Unbedingt Netzwerke aufbauen und sich mit anderen Veranstaltern austauschen. Der direkte Dialog mit erfahrenen Kollegen kann sehr wertvoll sein.“



Wie siehst Du die Zukunft des Festival- und Booking-Geschäfts?
„Ich denke, dass sich in den kommenden Jahren viel verändern wird. Viele Festivals stehen finanziell unter Druck und einige werden vermutlich nicht überleben – diesen Trend konnte man bereits im letzten Jahr beobachten. Gleichzeitig glaube ich, dass einige große Namen aus der Vergangenheit von der Bildfläche verschwinden und neue Künstler durch Plattformen wie TikTok und Instagram ins Rampenlicht rücken werden. Social Media hat heute einen enormen Einfluss auf die Nachfrage nach bestimmten Acts, und das wird die Branche weiter prägen.“

Das Open Beatz-Festival findet vom 25. bis 27. Juli 2025 in Herzogenaurach bei Nürnberg statt und zieht jährlich 90.000 Besucher an. Durch die Erweiterung mit der Darkwoods-Bühne wird das Angebot 2025 weiter ausgebaut.





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